Einen großen Schritt weiter zur sicheren Kontrolle Ihres Kajaks machen Sie, wenn Sie Ihr Gleichgewicht unter zurhilfenahme des Wassers wiederherstellen können. Bevor wir jedoch die Stützen und die Eskimorolle lernen können, müssen wir einige Grundsätze verstehen. Nur dann können wir unsere Fähigkeiten auch im wirklichen Situation anwenden. Da diese Situationen meist sehr plötzlich auftreten, sollten Sie versuchen, Ihr Können zu „automatisieren“, d.h. Sie müssen viel und oft üben.
In diesem Abschnitt werden Sie auch Anleitungen zum Training finden. Vergessen Sie aber nicht, dass Sie sich dabei vermutlich des Öfteren kopfüber im Kajak wiederfinden werden. Deshalb sollten Sie diese Techniken niemals alleine üben.
Zuerst sollten Sie Ihr Paddel genau beobachten. Wie bewegt es sich oberhalb, wie unterhalb der Wasseroberfläche? Wodurch erfährt es Auftrieb, was lässt es absinken? Wann fühlt man den Widerstand des Wassers, wann schneidet das Paddel das Wasser ganz leicht? Es kann sinnvoll sein, das Kajak ein Weilchen beiseite zu lassen und sich nur mit dem Paddel ins hüfttiefe Wasser zu begeben. Folgende drei Dinge werden Sie dabei hoffentlich wahrnehmen können:
1. Wenn Sie das Paddelblatt schnell ins Wasser drücken, bietet das weggedrängte Wasser einen Widerstand, auf den Sie sich lehnen könnten. Sie bemerken, dass dieser Widerstand nur kurz und nur dann, wenn das Blatt horizontal ist, spürbar ist. Deshalb sollten Sie das Paddel immer nahe der Wasseroberfläche und vor allem so horizontal wie möglich halten, wenn Sie die Stützen anwenden.
2. Wenn Sie das Paddel leicht angekantet horizontal durchs Wasser gleiten lassen, erfährt es einen Auftrieb solange Sie es bewegen. Das bedeutet, wenn Sie in der Lage sind, diese stützende Bewegung auszuführen, dann können Sie sich lange auf das Paddel lehnen.
3. Wenn Sie das Blatt schneidend durchs Wasser ziehen, gibt es so gut wie garkeinen Widerstand. Dies ist besonders wichtig, wenn Sie ein sinkendes Paddel schnell wieder an die Wasseroberfläche ziehen wollen, ohne dabei selber ins Wasser gezogen zu werden.
Haben Sie diese drei Dinge im Hinterkopf, so haben Sie eine gute Vorraussetzung für das Paddeln. Ausserdem müssen wir natürlich lernen, wie wir unseren Körper vorteilhaft einsetzen.
Der wohl wichtigste Teil einer erfolgreichen Stütze oder der Rolle ist der sogenannte Hüftschwung. Im Grunde bedeutet dies, dass, wann immer Sie fallen oder schon umgekippt sind, Sie zuerst das Kajak durch eine Bewegung des Beckens wieder in eine aufrechte Position „schwingen“. Erst dann kümmern Sie sich um Ihren Oberkörper. Es mag sich etwas unnatürlich anfühlen, aber Sie werden schon bald merken, dass dies der leichteste Weg ist. Wenn Sie die Stützen anwenden, dann sollten Sie sich dabei immer vorstellen, das Kajak wieder unter ihren Körper zu ziehen, statt Ihren Körper über das Kajak bringen zu wollen. Dieses Bild sollten Sie sich auch bei der Eskimorolle vor Augen halten. Beim Hüftschwung bewegen Sie Ihr Becken mithilfe der Rumpfmuskulatur, wobei das Knie gleichzeitig das Deck hochdrückt. Die Bewegung ist dem Ankanten recht ähnlich.
Zum Üben des Hüftschwungs benötigen Sie etwas, an dem Sie sich festhalten können, z.B. einen Steg, die Wand eines Pools oder einen Kameraden, der im brusthohen Wasser steht. Bei der Ausführung ist es außerdem wichtig, dass Sie Ihre Beine zur Kontrolle des Ganzen einsetzen, „halten“ Sie Ihr Kajak immer durch heruntergedrückte Fersen und hochgedrückte Knie fest.
Verlieren Sie erstmal nur „ein wenig“ das Gleichgewicht und probieren Sie mit dem Hüftschwung das Kajak wieder unter sich zu ziehen. Als nächstes lassen Sie sich seitwärts ins Wasser fallen und versuchen Sie, das Kajak wieder aufzurichten. Erst dann können Sie auch probieren, ganz nach oben zu kommen und die volle Rettung zu machen.
Während Sie den Hüftschwung üben, versuchen Sie Ihren Oberkörper so nah wie möglich am hinteren Deck zu halten. Zum Vergleich probieren Sie den Hüftschwung mit ganz seitlich gehaltenem Oberkörper. Sie werden schnell merken, dass der benötigte Kraftaufwand für das Aufrichten geringer ist, je näher der Oberkörper dem Hinterdeck ist. Sie werden außerdem bald spüren, dass bei schnell und kräftig ausgeführtem Schwung der Oberkörper dem Boot plötzlich fast automatisch folgt, die Rotationsernergie zieht den Körper beinahe aus dem Wasser.
Ein andere Sache, die Sie nicht vergessen sollten, ist, dass das Wasser Ihre Bewegung beim Fallen abbremst. Wenn Sie also wirklich Ihre Balance verlieren und das Fallen kann nicht verhindert werden, so kann es durchaus sinnvoll sein, sich einfach ins Wasser fallen zu lassen und sich dann erst mithilfe einer Stütze auf der Wasseroberfläche wieder hochzuziehen. Auf diese Weise wird der grösste Teil der Bewegungsenergie Ihres Körpers vom Wasser abgefangen. Dann können Sie aus einer günstigeren Paddel-Position die Stütz-und Rettungsschläge ausführen, statt lange sinnlos zu kämpfen und das Paddel dabei tief ins Wasser zu tauchen. Es ist außerdem hilfreich, schon während des Falls eine Körperhaltung einzunehmen, die eine gute Ausgangsposition für die Rettungsschläge sein wird, denn dann können Sie sich sofort nach dem Kentern retten.
Die Angst, unter Wasser kopfüber im Kajak zu stecken, kann stark hemmend wirken und das Training erschweren. Deshalb sollten Sie die Eskimorolle und die Stützen besonders als Anfänger in einer sicheren, angenehmen Umgebung üben.
Am wichtigsten ist es, immer jemanden dabei zu haben, der möglichst viel Erfahrung hat und einem bei Problemen zur Seite steht. Der beste Ort zum Üben ist ohne Zweifel ein Schwimmbad, es gibt keine störenden Wellen und das Wasser ist warm und sauber. Aber ein ruhiges natürliches Gewässer, das tief genug ist, wird auch seinen Zweck erfüllen.
Ein Paddelfloat ist eine große Hilfe, da es eine stabile Stütze ist, die es Ihnen erlaubt, in Ruhe Feinheiten am Hüftschwung oder an der Oberkörperbewegung oder auch die einzelnen Phasen der Rolle zu trainieren.
Eine Nasenklemme und eine Schwimmbrille können ebenfalls sinnvoll sein, damit Sie sich auf das Wesentliche konzentrieren können. Sollten Sie das Kapitel Sicherheitsgrundlagen ausgelassen haben, so lesen Sie es erstmal gründlich.
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